Montag, 13. März 2006

Mediterrane Hochkultur


Es gibt sie also noch: Edle Kultur bei der Benamung von Gaststätten. Ich möchte übrigens darauf hinweisen, dass fünf Meter hinter dieser Mauer das Meer beginnt. Aus Gründen der Abgeschiedenheit und Kontemplation soll hier darauf verzichtet werden, detaillierte Ortsangaben niederzulegen. Ich bitte um Vergebung!

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© Julius Moll

Montag, 6. März 2006

Drogen am Arbeitsplatz


Zu diesem Thema hier ein Ausschnitt aus einer Filmrezension im Kölner Stadt-Anzeiger:
„Regisseur und Autor folgen schon der heutigen Präferenz für detailliert auserzählte Geschichten, im Gegensatz zum eher episodisch-elliptisch gehaltenen Erzählstil des Kinos der porträtierten, affirmativ umworbenen Zeit – was wiederum jenes Moment der Geschichte spiegelt, in der sich am Ende die Wissenden in eine Illusion zurückziehen. Die angenehm transparente, dabei klar so storygebundene wie auf die Darstellerarbeit fokussierte Inszenierung transportiert dieses Moment kongenial: so dass am Ende … ein Film über Nostalgie als heute letztes Refugium einer liberalen politischen Widerständlichkeit steht.“

Was sagt man dazu? Cannabis? Mescalin? Die größten Gehirnschäden hinterlässt ja eine Pattex-Inhalationstüte. So was in der Art wird’s wohl gewesen sein in der Kulturredaktion.

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© Julius Moll

Gynäkologen und Schnurrhaare


Gestern Nacht – ich war gerade aus dem Brauhaus zurückgekehrt und schüttete mir eine Flasche Wasser rein, weil ich nach dem Biertrinken immer so einen teuflischen Durst habe – zappe ich noch nebenbei durchs Fernsehprogramm und lande bei Onyx. Da wand sich eine bemüht laszive Blondine mit etwas zu großem Kopf und rot geschminkten Lippen. Offenbar wollte sie sexy aussehen, aber sie machte mir eher den Eindruck einer Zwölfjährigen, die sich zum ersten Mal Mamas Lippenstift geklaut hatte. Der Macher des Videoclips – vermutlich ein David-Hamilton-Eleve – ließ noch weitere Amateurerotiker durchs leicht milchige Ambiente schweben. Eine bulimiegefährdete Dunkelhäutige versuchte, sich von einer Netzbekleidung zu befreien, allerdings vergeblich. Dann war die Blonde wieder im Bild, die ihren Mund zum Playback bewegte. Sie sah aus wie eine Bauerstochter aus der norddeutschen Tiefebene. Und dann kam die Einblendung des Clips: "Sarah Connor – French Kissing". Bingo! Norddeutschland war richtig. Ich habe kurz darauf weggezappt, denn meine Stimmung änderte sich langsam von neutral auf mitleidig. Und das muss ja bei diesem Thema nicht sein. Von French Kissing war übrigens weit und breit nichts zu sehen.
Heute Morgen erwachte ich in der vagen Hoffnung, die Welt hätte sich in meiner Abwesenheit zum Guten gewendet. Dann schlage ich den Kölner Stadt-Anzeiger auf, vorletzte Seite, und welche Schlagzeile springt mich an?

"Gynäkologe angeklagt.
Ohne Fachkompetenz als Schönheitschirurg tätig."


So herum geht es also auch. Der Mann war aufgeflogen, weil er bei einer Dame mit zwei unterschiedlich großen Brüsten eine halbseitige Vergrößerung versucht hatte, mit dem Ergebnis, dass die operierte Brust hinterher die größere war. Nicht genug damit, nein, er hat sich einige Monate später an eine Korrektur des Fehlers gewagt (vermutlich mit Einwilligung der Patientin – wie blöd sind die eigentlich?). Resultat: Vice versa. Außerdem hatte sich durch den Eingriff die Lage der Brustwarzen verändert, und ich will gar nicht wissen, wohin. Laut Staatsanwaltschaft haben andere Frauen Narben, Hautdellen, Verbrennungen (?) und Wundinfektionen erlitten. Weiteres ist nicht bekannt. Ich nehme an, der Mann arbeitet jetzt wieder auf seinem eigentlichen Spezialgebiet.
Immerhin wurde es zwei Spalten (Zeitungsspalten) weiter rechts doch noch interessant. "Ratten elektronisch gelenkt" hieß es da. US-Wissenschaftler (wer sonst? Obwohl: der Leiter der Arbeitsgruppe hieß Sanjiv Talwar!) hatten Ratten Elektroden in die Gehirnregion implantiert, die normalerweise die Reize von den Tasthaaren (Vibrissae - ich kann Latein!) verarbeitet. Wenn die Tiere richtig reagierten, kriegten sie einen Stromstoß zur Belohnung, und zwar ins gleichnamige Gehirnzentrum. Die Tiere könnten möglicherweise künftig für Rettungsaufgaben oder bei der Räumung von Landminen (!?) eingesetzt werden, hieß es.
Das hat mich inspiriert. Was bei Ratten möglich ist, muss doch bei Politikern auch funktionieren. Auch beim Skifahren fände ich das recht hilfreich. Immer wenn sich vor dem Schlepplift eine Schlange gebildet hat, drücke ich kurz auf den Knopf, und schon fahren alle in irgendeine Richtung davon.
Apropos irgendeine Richtung: auf der letzten Seite fand ich die Meldung, dass einem Mann während des Fluges von Indianapolis nach Los Angeles die Frau abhanden gekommen ist. Sie litt angeblich an Alzheimer und war beim Einchecken offenbar am falschen Schalter gelandet. Das war vor fünf Monaten. Bisher hat man sie nicht gefunden.
Unendliche Weiten.

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© Julius Moll