Montag, 9. April 2007

Teamwork


Als wieder getrennt werden soll, was nicht zusammengehört, nämlich Daimler und Chrysler, kommt es in einschlägiger B-Klasse-Presse zu intelligenten Schlagzeilen wie "Auto-Ehe vor der Scheidung".
Verdrängen wir mal den irritierenden Gedanken, Auto-Ehe wäre womöglich nicht die Kurzform von Automobilkonzern-Zusammenschluss unter Menschenehe-ähnlichen Bedingungen, sondern die Kurzform von automatischer Eheschließung, beispielsweise immer nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs. Verdrängen wir also diesen Gedanken. Ziehen wir lieber den interessanten Schluss, dass eine Auto-Ehe etwas ist, wobei sich nach der Hochzeit alles ums Auto dreht. Und zu diesem Thema fällt mir ein junges Paar ein, das vor einigen Jahren in einer Fernsehreportage vorkam. Er redete kein Wort, aber sie gab bereitwillig Auskunft, auch zu der Frage, was sie an ihrer Ehe denn besonders schätze.
"Wir machen so viele Dinge gemeinsam."
"Zum Beispiel?"
"Na ja, am Samstag putzt Kalle sein Auto, während ich auf der Rückbank sitze und stricke."
Das ist ja praktisch! Beide gehen ihren Hobbys nach und sind sich doch so nah. Und wenn sie dann nach dem Autowaschen/Stricken nach Hause kommen, gucken sie wahrscheinlich zusammen Fußball, während sie kocht. Abends dann trinken sie gemeinsam ein, zwei Bierchen, während sie putzt.
Man sollte dringend versuchen, diesen Burschen noch mal ausfindig zu machen. Offenbar kennt er einen grundlegenden Trick, den ich nicht kenne. Und man will ja schließlich vermeiden, dass einen die Hektik des Alltags auffrisst. Indem man beispielsweise in der Nachmittagssonne gemeinsam auf der Parkbank sitzt, während sie einkaufen geht.
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© Julius Moll

Samstag, 7. April 2007

Falscher Planet


Die Schlagzeile auf der Titelseite lautet: "USA und China entschärfen Klimabericht"; der Artikel wird kommentiert unter "Ignorante Politik hilft dem Klima nicht." Eine Seite später ist ein Hintergrundartikel überschrieben mit "Erderwärmung bedroht zuerst die Armen". Dazu allerdings passt sehr gut die Information auf Seite K2, dass der Grundpreis für den neuen Maserati Quattroporte Automatic bei 112.060 Euro liegt. Dankbar erfährt man hier auch, dass "die hydraulische Wandlerautomatomatik von ZF gut mit dem 400 PS starken V8 harmoniert". Wie schön! Entsprechende Information für weniger Betuchte gibt es auf der Seite vorher, wo der "kraftvolle Lastesel für den Großstadt-Dschungel" vorgestellt wird: ein Pick-up mit 143 PS ohne Partikelfilter, aber mit einem nicht zu unterschätzenden Vorteil: "Chrome-Bars rundum stecken das Territorium des Rangers ab, der mit mächtigem Kühlergrill und Allrad alter Schule fast jede Prärie, flachere Wasserläufe und sogar schlammige Baugruben durchpflügen kann".
Das ist wichtig zu wissen. Prärien haben wir im Großstadt-Dschungel Köln nahezu an jeder Ecke.
Misstrauisch habe ich das Erscheinungsdatum dieser Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers überprüft. Es war nicht der 1. April. So bleiben eigentlich nur noch diese Alternativen: Entweder sind zwanzig Jahre Umweltdiskussion spurlos an den Menschen vorbeigegangen, oder es ist nur ein Missverständnis und ich lebe einfach auf einem anderen Planeten. Dann müsste sich allerdings der Zusteller heute Nacht verflogen haben.
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© Julius Moll